Work-Life-Balance – Wie eine gute Idee zur leeren Phrase verkommt

WORK-LIFE-BALANCE

WIE EINE GUTE IDEE ZUR LEEREN PHRASE VERKOMMT

Beim Bewerbungsgespräch wird stolz damit geworben – der Personaler am Tisch gegenüber kann es oftmals kaum erwarten dem zukünftigen Mitarbeiter das besondere „Leckerli“ der Firma zu präsentieren: „Wir haben auch einen Kicker. Work-Life-Balance wird bei uns ganz groß geschrieben“, platzt es förmlich aus ihm heraus. Unternehmen, vorrangig in der digitalen Branche, versuchen seit einiger Zeit, ihr Angebot noch attraktiver zu gestalten und locken Bewerber mit Bürostuhl-Rennen nach den Meetings, Homeoffice zu jeder Zeit oder dem firmeninternen Fitnessstudio.

Über das Thema könnten ganze Abhandlungen geschrieben werden. Doch im Endeffekt geht es immer darum, sich nicht von der Arbeit auffressen zu lassen, sondern einen Ausgleich zu schaffen. Einen Ausgleich für die „stressige“ Arbeit und Zeit finden für die „richtig“ erfüllenden Dinge in Leben – die Freizeit. Der Begriff beraubt unserer Arbeit jegliche Freude und macht sie zur ausgleichsbedürftigen Last. Work-Life- Balance suggeriert also, dass Arbeit und Leben stickt voneinander getrennt werden müssen, um glücklich zu werden.

Doch ist das überhaupt möglich?

Sind wir doch mal ehrlich: Schon beim ersten Aufeinandertreffen geht es um unseren Beruf. Spätestens nach der zweiten Frage erzählen wir ausschweifend, womit wir unsere Brötchen verdienen, ja mit was wir uns identifizieren. Und was sollen wir machen, wenn uns beim Zähneputzen plötzlich die lang ersehnte Lösung für ein Softwareproblem einfällt? Einfach ignorieren? Man muss ja schließlich auch mal abschalten!

Spätestens hier wird klar, dass eine Trennung von „Work“ und „Life“ nicht möglich ist, zumindest nicht in unseren Köpfen. Daher sollten wir nicht der Illusion hinterherjagen, die besten, effektivsten oder spannendsten Ausgleichsmöglichkeiten zu finden. Handlungsbedarf besteht hier erst einmal bei der Arbeit selbst: Denn sie ist es, die uns glücklich machen muss – nicht nur die Zeit dazwischen.